Dieser Artikel wurde kurz vor der geldpolitischen Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank am 11. Dezember 2025 veröffentlicht.
Die Kreditkosten der Schweiz haben ein historisches Tief erreicht. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte ihren Leitzins im Juni 2025 auf 0% und beendete damit eine einjährige Phase stetiger Senkungen, die im Dezember 2024 begonnen hatte. Am 11. Dezember wird die SNB ihre letzte Zinsentscheidung des Jahres bekannt geben. Ökonomen gehen davon aus, dass der Zinssatz bis 2026 bei 0% bleiben wird[1][2].
Für Schweizer KMU-Inhaber aus verschiedenen Branchen, von CleanTech bis FinTech, haben diese Zinssenkungen die Finanzierungskosten bis 2025 verändert. Diese Verschiebung wirkt sich auf Betriebsmittelkredite, Ausrüstungsfinanzierungen und Überbrückungskapital für Unternehmen in der Wachstumsphase aus. Die Frage ist nun, was dieses Niedrigzinsumfeld für die Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen im Jahr 2026 bedeutet.
Eine Phase der Zinssenkungen
Die SNB senkte die Zinsen in den Jahren 2024 und 2025 viermal. Am 12. Dezember 2024 senkte die Bank den Leitzins um 50 Basispunkte auf 0,51 TP3T[3]. Dies war die stärkste Einzelkürzung seit Januar 2015. Als Hauptgründe nannte die SNB den rückläufigen Inflationsdruck und die Stärke des Schweizer Frankens.
Die Senkungen setzten sich bis ins Jahr 2025 fort. Im März fiel der Zinssatz auf 0,251 TP3T[4]. Im Juni erreichte er 01 TP3T[5]. Bei der Sitzung im September wurden die Zinssätze unverändert bei 01 TP3T belassen[6]. Jede Senkung war eine Reaktion auf die deutlich unter dem Zielbereich der SNB von 0–21 TP3T liegende Inflation. Im November 2025 lag die Inflation bei 0,01 TP3T und damit am unteren Ende des Zielbandes[1].
Wie sich Zinssenkungen auf die Kosten für Unternehmenskredite auswirken
Leitzinsänderungen wirken sich über verschiedene Wege auf die realen Kreditkosten aus. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat ihre Safe-Harbour-Zinssätze für eigenkapitalfinanzierte Darlehen von 1,51 TP3T im Jahr 2024 auf 1,01 TP3T im Jahr 2025 gesenkt[7]. Diese Mindestzinssätze gelten für konzerninterne Darlehen und Gesellschafterdarlehen, gängige Strukturen für die Finanzierung von Start-ups und KMU.
Alternative Kreditplattformen bieten derzeit Zinssätze zwischen 4,91 TP3T und 9,91 TP3T für KMU-Kredite, abhängig von der Bonität[8]. Die kreditwürdigsten Kreditnehmer können auf ausgewählten Plattformen Zinssätze von nur 0,81 TP3T bis 1,51 TP3T erhalten. Auch die traditionellen Bankkreditzinsen sind gesunken. Die Weltbank gibt für 2024 Schweizer Kreditzinsen von rund 2,981 TP3T an[9].
Kurzfristige Finanzierungen profitieren am meisten von Zinssenkungen. Kredite, die an den Swiss Average Rate Overnight (SARON) gebunden sind, passen sich schnell an, wenn die SNB die Zinsen senkt. Festzinsdarlehen preisen längerfristige Erwartungen ein und reagieren langsamer. Für KMU, die Betriebsmittelkredite mit einer Laufzeit von 3 bis 6 Monaten suchen, bietet das aktuelle Umfeld Kreditkosten, die deutlich unter dem historischen Durchschnitt liegen.
Branchenspezifische Auswirkungen: Wer profitiert am meisten?
Verschiedene Sektoren reagieren je nach Kapitalbedarf unterschiedlich empfindlich auf Zinsänderungen.
Biotechnologie und Gesundheit
Diese Sektoren verzeichneten im Jahr 2024 Finanzierungen in Höhe von 739,2 Millionen CHF, was einem Anstieg von 50% gegenüber dem Vorjahr entspricht[10]. Biotech-Unternehmen sind mit hohen F&E-Kosten und langen Entwicklungszyklen konfrontiert. Niedrigere Safe-Harbour-Sätze senken die Kosten für Gesellschafterdarlehen, die zur Überbrückung zwischen Finanzierungsrunden genutzt werden. Die Finanzierung klinischer Studien und der Kauf von Ausrüstung profitieren von geringeren Zinsaufwendungen.
CleanTech
Dieser Sektor verzeichnete 2024 mit mehr als 70 Finanzierungsrunden[11] eine Rekordfinanzierungsaktivität. CleanTech-Hardwareprojekte erfordern erhebliche Vorabinvestitionen für die Herstellung und den Einsatz. Niedrigere Zinssätze verbessern die Projektrenditen, indem sie die Kosten für Fremdkapital neben dem Eigenkapital senken. Der Technologiefonds bietet speziell für Schweizer CleanTech-Unternehmen Kreditgarantien an, wodurch Bankfinanzierungen leichter zugänglich werden[12].
Finanztechnologie
Trotz eines Rückgangs der 58,5%-Finanzierung Anfang 2024 konnten FinTech-Unternehmen im Gesamtjahr immer noch 193 Millionen CHF aufbringen[13]. Diese Unternehmen benötigen oft Betriebskapital, um die Kundenakquise zu finanzieren, bevor sie die Gewinnzone erreichen. Kurzfristige Kredite zu den derzeit niedrigen Zinssätzen bieten flexibles Wachstumskapital ohne Verwässerung des Eigenkapitals.
KI und maschinelles Lernen
Die Investitionen in KI-Startups haben sich im Jahr 2024 verdoppelt[14]. Während diese Unternehmen häufig auf Eigenkapital angewiesen sind, können bestimmte Wachstumsinitiativen wie Serverinfrastruktur oder Neueinstellungen vor der nächsten Finanzierungsrunde durch Fremdkapital finanziert werden. Niedrigere Zinssätze machen diese Überbrückungsfinanzierung attraktiver.
AgriTech
AgriTech-Unternehmen, die in den umfassenderen CleanTech-Statistiken enthalten sind, profitieren von niedrigeren Finanzierungskosten für Präzisionslandwirtschaftstechnologie und nachhaltige landwirtschaftliche Infrastruktur.
Was der 11. Dezember für die Finanzierungspläne für 2026 bedeutet
Die SNB wird ihre Zinsentscheidung am 11. Dezember 2025 bekannt geben. Der Marktkonsens geht von einer unveränderten Zinspolitik aus, wobei die Zinsen bei 0%[1][2] bleiben sollen. Mehrere Ökonomen prognostizieren, dass die Zinsen während des gesamten Jahres 2026 bei 0% bleiben werden.
Karsten Junius von J. Safra Sarasin erklärte, es gebe “keinen Bedarf für politische Änderungen”[1]. Rudolf Minsch von economiesuisse erwartet für 2026 einen Anstieg der Inflation auf etwa 0,41 %[1], was nicht hoch genug ist, um Zinserhöhungen zu rechtfertigen. Er merkte an, dass “Negativzinsen auch unerwünschte Auswirkungen haben und nur bei dringender Notwendigkeit eingesetzt werden, die wir derzeit nicht sehen”.”
Diese Aussichten schaffen einen klaren Planungshorizont. KMU können ihre Finanzierung mit der Gewissheit strukturieren, dass die Zinsen bis 2026 stabil bleiben werden. Unternehmen, die eine Expansion, Anschaffungen von Ausrüstung oder Betriebskapitalbedarf in Betracht ziehen, sehen sich mit einem günstigen Umfeld konfrontiert. Das Warten auf weitere Zinssenkungen dürfte kaum zu zusätzlichen Einsparungen führen, da negative Zinsen nach Expertenmeinung weiterhin unwahrscheinlich sind.
Geografische Unterschiede: Kantonale Unterschiede
Die Kreditkosten für Schweizer KMU variieren je nach Kanton aufgrund steuerlicher und struktureller Faktoren. Da Schuldzinsen steuerlich absetzbar sind, unterscheiden sich die Kosten für Kredite nach Steuern zwischen Hochsteuerkantonen wie Genf und Niedrigsteuerkantonen wie Zug[15].
Kantonale Banken mit einer Gesamtbilanzsumme von 812 Milliarden CHF sind die wichtigsten Kreditgeber für lokale KMU[16]. Diese Banken profitieren von staatlichen Garantien, die ihre Kapitalkosten senken. Regionale Kreditgarantiegemeinschaften, die von der Bundesregierung unterstützt werden, helfen KMU beim Zugang zu Bankkrediten, indem sie Kredite bis zu einer Höhe von 1 Million CHF garantieren[17].
Das Wachstum des Marktplatzkreditwesens zeigt eine starke Nachfrage
Alternative Kreditplattformen verzeichneten 2024 eine Rekordaktivität. Das Volumen der Marktplatzkredite erreichte 21,4 Milliarden CHF und verdoppelte sich damit gegenüber dem Niveau von vor fünf Jahren[18]. Dieses Wachstum spiegelt sowohl die verstärkte Beteiligung institutioneller Anleger als auch die Nachfrage von KMU wider, da traditionelle Banken nach der Umsetzung von Basel III mit strengeren Kreditbedingungen konfrontiert waren.
Die Rückkehr zu 0%-Zinssätzen führt dazu, dass traditionelle Sparkonten keine reale Rendite mehr bieten. Dies treibt Investoren zu KMU-Kreditplattformen wie CapiWell, wo die durchschnittlichen Nettorenditen in den Jahren 2024-2025 bei rund 3% pro Jahr lagen[19]. Eine höhere Investitionsbereitschaft der Anleger bedeutet mehr verfügbares Kapital für KMU-Kreditnehmer.
Reaktionsgeschwindigkeit von Banken im Vergleich zu Plattformen
Traditionelle Schweizer Banken verwenden häufig einen kalkulatorischen Zinssatz von etwa 5%, um die Finanzierbarkeit zu prüfen, unabhängig davon, wie niedrig der SNB-Zinssatz fällt[20]. Diese Berechnungsmethode kann die Kreditaufnahmekapazität von KMU selbst bei niedrigen Zinsen einschränken.
Alternative Kreditplattformen verwenden in der Regel keine kalkulatorischen Zinssätze für Bonitätsprüfungen. Die tatsächlich niedrigen Zinssätze in den Jahren 2024–2025 führen auf diesen Plattformen zu einer unmittelbar höheren Kreditaufnahmekapazität für KMU. Außerdem passen die Plattformen ihre Preise schneller an als Banken, die in der Regel vierteljährliche Überprüfungszyklen befolgen.
Marktplatz-Kreditplattformen bieten transparente Zinsbandbreiten auf der Grundlage von Bonitätsbewertungen. Bei traditionellen Bankkrediten erfolgt eine individuelle Bewertung mit weniger transparenter Preisgestaltung. Diese Transparenz hilft KMU, Optionen zu vergleichen und die tatsächlichen Kreditkosten zu verstehen.
Für Anleger: Was niedrige Zinsen für Renditen bedeuten
Aus Anlegersicht stellt der Leitzins von 0% eine Herausforderung für traditionelle festverzinsliche Anlagen dar. Schweizer Staatsanleihen bieten nur minimale Renditen. Dies veranlasst institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Family Offices dazu, sich nach alternativen Renditequellen umzusehen.
KMU-Kredite bieten trotz des Niedrigzinsumfelds Renditen von rund 3%[19]. Dieser Spread gegenüber dem risikofreien Zinssatz von 0% macht KMU-Kredite attraktiv. Umfragedaten aus dem Jahr 2025 zeigen, dass 69% der Befragten neue Investitionsmöglichkeiten als “gut” bewerteten, gegenüber 59% im Vorjahr[21].
Die starke Nachfrage seitens der Investoren sorgt für eine robuste Kapitalverfügbarkeit für KMU. Solange die Zinsen niedrig bleiben, dürfte sich diese Dynamik bis 2026 fortsetzen.
Zeitliche Überlegungen für KMU-Inhaber
Mit Zinssätzen von 0%, die voraussichtlich bis 2026 stabil bleiben werden, befinden sich die Kreditkosten auf einem historischen Tiefstand. Unternehmen mit kurzfristigem Finanzierungsbedarf profitieren von günstigen Bedingungen. Die Kombination aus niedrigen Leitzinsen, wettbewerbsfähigen Marktkrediten und starker Nachfrage seitens der Investoren schafft ein vorteilhaftes Umfeld.
KMU sollten sich weiterhin auf die wesentlichen Faktoren der Kreditwürdigkeit konzentrieren. Banken und Plattformen führen jährliche Bonitätsprüfungen durch. Ein höheres Eigenkapital, eine im Verhältnis zum Umsatz geringere Verschuldung und eine starke Liquiditätsposition verbessern die Finanzierungsbedingungen unabhängig vom Zinsumfeld.
Geschäftspläne mit detaillierten Prognosen und professioneller Finanzdokumentation tragen dazu bei, bessere Konditionen zu erzielen. In der beziehungsorientierten Bankenkultur der Schweiz sind langjährige Bankbeziehungen für traditionelle Finanzierungskanäle nach wie vor von Bedeutung.
Eine Plattformlösung für die aktuelle Umgebung
Plattformen wie CapiWell, die privaten Investoren dabei helfen sollen, Geld in verschiedene Anlageklassen zu investieren, ermöglichen es Unternehmern, Kapital für Betriebskapital, Wachstumsfinanzierung oder Überbrückungskredite zu beschaffen.
Merkmale wie transparente Preisgestaltung (alle Gebühren werden im Voraus offengelegt) und strenge Bonitäts- und Compliance-Prüfungen entsprechen der Art und Weise, wie KMU in einem Niedrigzinsumfeld tatsächlich Kredite nutzen. Digital-first-Plattformen überwinden zudem geografische Barrieren und bedienen innovative KMU in der ganzen Schweiz, anstatt sich nur auf Zürich und Genf zu konzentrieren.
Referenzen
- Reuters, “SNB dürfte trotz Inflationsrückgang Negativzinsen vermeiden” (3. Dezember 2025)
- Swiss Life, “SNB behält Nullzinspolitik bei” (Oktober 2025)
- Schweizerische Nationalbank, “Beurteilung der Geldpolitik” (12. Dezember 2024)
- Schweizerische Nationalbank, “Bewertung der Geldpolitik” (20. März 2025)
- Schweizerische Nationalbank, “Beurteilung der Geldpolitik” (19. Juni 2025)
- Trading Economics, “Zinssatz Schweiz” (September 2025)
- PwC Schweiz, “Aktualisierte Safe-Harbour-Zinssätze für 2025”
- LEND.ch, “Geschäftskredite für KMU und Selbstständige in der Schweiz”
- Weltbank, “Schweiz – Darlehenszinssatz” (Daten für 2024)
- GGBA Swiss, “Schweizer Start-ups sichern sich 2024 2,4 Milliarden Franken”
- FintechNews CH, “Schweizer VC-Finanzierungen steigen stark an, angetrieben durch Biotech, ICT und Fintech”
- Technologiefonds Schweiz, “Programmübersicht”
- EY Schweiz, “Startup-Barometer Schweiz 2025”
- EY Schweiz, “Startup-Barometer Schweiz 2025”
- Fiduciaire Genevoise, “Kantonale Steuersätze in der Schweiz 2025”
- Easy Global Banking, “Einblick in Schweizer Kantonalbanken: Stabilität und Prognose für 2025”
- SECO, “Garantiegenossenschaften für KMU”
- Schweizerischer Marktplatzkreditverband, “21,4 Milliarden CHF an neuen Krediten im Jahr 2024”
- SME Lending Fund Switzerland, “SICAV-Performance-Daten”
- SWI swissinfo.ch, “Hypotheken in der Schweiz: So funktioniert das System”
- Startupticker/SECA, “Schweizer Investorenumfrage” (2025)