Wie wohlhabende Familien investieren

Wohlhabende Familien und ihre Family Offices im deutschsprachigen Raum bevorzugen weiterhin Immobilien, selbst in einer Zeit, in der viele institutionelle Anleger zögern oder ihre Engagements zurückfahren.

Schweizer Immobilien bleiben der stille Anker des Vermögens von Family Offices

Wohlhabende Familien und ihre Family Offices im deutschsprachigen Raum setzen weiterhin auf Immobilien, auch wenn viele institutionelle Anleger zögern oder ihre Engagements zurückfahren. Laut dem Kingstone Family Office Real Estate Report 2025, der Family Offices in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Luxemburg erfasst, sind durchschnittlich 56,5 Prozent des Nettovermögens in Immobilien angelegt. Aktien machen knapp 20 Prozent aus. Die Zahlen unterstreichen, wie tief Immobilien in den Strategien von Investoren verankert sind, die in Jahrzehnten statt in Quartalen denken.

Die Bedeutung von Immobilien in diesen Portfolios hängt weniger mit den kurzfristigen Marktbedingungen zusammen als vielmehr mit den fundamentalen Eigenschaften dieser Anlageklasse. Familien, die ihr Vermögen über Generationen hinweg erhalten und vermehren möchten, bevorzugen Sachwerte, die Stabilität, geringe Volatilität und ein hohes Maß an Kontrolle bieten. In der Schweiz, wo Wohnimmobilien seit langem stark nachgefragt sind, hat dieser Ansatz zu widerstandsfähigen Portfolios geführt, die als Rückgrat einer langfristigen Vermögensplanung dienen.

Vermögen, angetrieben durch verschiedene Motoren

Laut dem Internationalen Währungsfonds wird das nominale Pro-Kopf-BIP der Schweiz im Jahr 2025 rund 111.000 US-Dollar erreichen, während Singapur mit 157.200 US-Dollar zur globalen Elite zählt. Beide Länder sind zweifellos wohlhabend. Die Schweiz bleibt jedoch der Maßstab für Innovation. In der Ausgabe 2024 des Global Innovation Index der Weltorganisation für geistiges Eigentum belegt sie erneut den ersten Platz, während Singapur unter den ersten fünf rangiert. Die Dominanz der Schweiz beruht auf einer seltenen Kombination aus akademischer Exzellenz, starker Forschungsintensität im privaten Sektor und robuster institutioneller Qualität.

Noch deutlicher ist die Kluft bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit. Im Jahr 2025 erreichte die Schweiz zum ersten Mal den ersten Platz im IMD World Digital Competitiveness Ranking, noch vor den Vereinigten Staaten und Singapur. Das IMD führt dies auf das umfangreiche “Wissenskapital” des Landes, die Stärke seines Bildungssystems und seine “Zukunftsfähigkeit” zurück, also die Fähigkeit der Unternehmen, neue Technologien schnell aufzunehmen und anzuwenden.

Das IMD begleitet sein Lob jedoch mit einer Warnung: Eine Führungsrolle heute ist keine Garantie für eine Führungsrolle morgen. Das Institut hebt Risiken hervor, die sich aus der Fragmentierung des Handels, dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und dem schleppenden Tempo der digitalen Transformation in der Schweiz ergeben. Diese Bedenken spiegeln frühere Äußerungen von Peter Grünenfelder, Direktor von Avenir Suisse, wider, der in einem Bericht aus dem Jahr 2023 feststellte, dass die Schweiz zwar “nach wie vor sehr wettbewerbsfähig” sei, aber “eine Kultur der Selbstzufriedenheit zunehmend erkennbar” werde – ein Risiko, das seiner Meinung nach nicht unterschätzt werden sollte.

Immobilien als Kernstück von Family-Office-Portfolios

Die Studie von Kingstone basiert auf einem bescheidenen Datensatz, da nur 32 der 1.260 kontaktierten Family Offices detaillierte Informationen zur Verfügung stellten. Dennoch ist die Richtung klar: Rund 60 Prozent der Befragten beabsichtigen, ihr Immobilienengagement auszuweiten. Der Kontrast zu den globalen Mustern ist auffällig. Weltweit dominieren Aktien und Private Equity die Portfolios von Family Offices, während Immobilien laut dem Bericht „2023 Family Office Investment Insights” von Goldman Sachs mit etwa neun Prozent eine untergeordnete Rolle spielen. Im deutschsprachigen Raum ist das Verhältnis umgekehrt. Immobilien sind keine optionale Ergänzung, sondern die Grundlage einer langfristigen Vermögensallokation, insbesondere in der Schweiz.

Strukturelle Knappheit auf dem Schweizer Wohnungsmarkt

Die Bedingungen auf dem Schweizer Wohnungsmarkt verstärken diese Präferenz. Das Bundesamt für Statistik bezifferte die Leerstandsquote des Landes am 1. Juni 2024 auf 1,08 Prozent, den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Insgesamt standen 51.974 Wohnungen leer, 5,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit 2020 ist die Zahl der leerstehenden Wohnungen um rund ein Drittel zurückgegangen. Die Kantone Zug, Obwalden und Genf verzeichneten mit Leerstandsquoten zwischen 0,39 und 0,46 Prozent die angespanntesten Märkte und lagen damit deutlich unter dem von Analysten wie Wüest Partner geschätzten Gleichgewichtsniveau von rund 1,3 Prozent. Selbst im Kanton Jura, wo die Leerstände fast drei Prozent erreichten, ist die Zahl immer noch deutlich niedriger als in den Vorjahren.

Diese Knappheit treibt die Mieten in die Höhe. Wüest Partner hat im zweiten Quartal 2024 einen Anstieg der Angebotsmieten um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gemessen. Am ausgeprägtesten ist dieser Trend in Zürich, Genf, Basel und Lausanne, wo das starke Bevölkerungswachstum, die wirtschaftliche Aktivität und die begrenzte Bautätigkeit den Druck noch verstärken. Ein im Februar 2025 vom Bundesrat veröffentlichter Bericht stellt fest, dass sich die Wohnungsknappheit seit 2020 kontinuierlich verschärft hat. Die Analyse hebt die anhaltenden Mietpreissteigerungen in den Grossstädten und die zunehmende Knappheit in den alpinen Tourismusregionen hervor. Städte wie Davos, Zermatt, St. Moritz, Verbier und Gstaad sind aufgrund der hohen saisonalen Nachfrage und der begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten mit besonders akuten Engpässen konfrontiert. Die UBS berichtet in ihrem Alpine Property Focus 2025, dass St. Moritz und Verbier Preise von mehr als 22.000 Schweizer Franken pro Quadratmeter erzielen, was zu den höchsten Preisen in den Alpen zählt. Die lokalen Behörden in Davos und Zermatt warnen regelmäßig vor einem Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Einwohner und Saisonarbeiter.

Professionelle Anleger befürworten den Markt

Trotz der weltweiten Unsicherheit betrachten professionelle Immobilieninvestoren die Schweiz weiterhin als einen der attraktivsten Märkte Europas. Laut dem EY Real Estate Trend Barometer Switzerland 2025 bewerten 93 Prozent der Befragten das Land als attraktiv oder sehr attraktiv. Rund 60 Prozent rechnen mit einem Anstieg des Investitionsvolumens. Drei Viertel konzentrieren ihre Aktivitäten stark oder überwiegend auf Wohnimmobilien, was darauf hindeutet, dass institutionelle und private Investoren in ihrer Einschätzung des Marktes übereinstimmen.

Julius Bär stellt in seinem Immobilienmarktbericht für das zweite Quartal 2025 Preissteigerungen von 4,5 Prozent für Eigentumswohnungen und 7,9 Prozent für Einfamilienhäuser im Vergleich zum Vorjahr fest. Die Bank führt dies auf Zuwanderung, stabile Beschäftigungszahlen, niedrigere Zinsen und ein anhaltend knappes Angebot zurück. PwC beobachtet im dritten Quartal 2025 einen Mietanstieg von 0,4 Prozent, was einem Jahresanstieg von 3,6 Prozent entspricht. Zürich, Genf und Basel stechen erneut als die dynamischsten urbanen Zentren hervor.

Bemerkenswert ist, dass die Argumente der institutionellen Anleger fast identisch sind mit denen, die Family Offices seit Jahren hervorheben. Die Autoren der EY-Studie weisen darauf hin, dass Wohnimmobilien eine Kombination aus stabilen Erträgen, Inflationsschutz und langfristiger Kapitalwertsteigerung bieten – ein Profil, das seit langem die Grundlage für generationenübergreifende Vermögensstrategien bildet.

Diskretion prägt die Schweizer Landschaft

Trotz der zentralen Rolle von Immobilien bleibt die Schweizer Family-Office-Landschaft schwer zu entschlüsseln. Vermögen wird oft über Holdinggesellschaften, Stiftungen oder spezielle Immobilienvehikel gehalten, was die Transparenz einschränkt. Dennoch lassen dokumentierte Beispiele einheitliche Muster erkennen.

Abegg & Co in Zürich, eines der ältesten Single Family Offices des Landes, verwaltet seit Generationen ein breit diversifiziertes Portfolio, das laut öffentlichen Quellen Wohn- und Gewerbeimmobilien umfasst. Die REBA Immobilien AG positioniert sich ausdrücklich als Family-Office-ähnliche Struktur mit Schwerpunkt auf Gewerbeimmobilien und führt im Auftrag einer verbundenen Schweizer Familie Off-Market-Transaktionen durch. Genico Family Office in Zug kombiniert Unternehmensbeteiligungen mit einem Portfolio hochwertiger Wohn- und Gewerbeimmobilien in der Schweiz und im Ausland. Diese Fälle zeigen, dass Immobilien kein Nebenschauplatz, sondern ein entscheidendes Element der Vermögensverwaltung sind.

Internationale Geschäfte machen die Dynamik sichtbar

Während Diskretion die Sichtbarkeit in der Schweiz beeinträchtigt, ist der Einfluss von Privatkapital im Ausland leichter zu beobachten. Ein prominentes Beispiel ist der Erwerb des Münchner Stadtteils Fünf Höfe durch Athos, das Family Office der Brüder Strüngmann. Deutsche Fachpublikationen berichten von einem Kaufpreis von mehr als 700 Millionen Euro. Transaktionen dieser Größenordnung unterstreichen die wachsende Bedeutung privaten Vermögens auf den Immobilienmärkten. Wenn institutionelle Investoren aufgrund regulatorischer oder bilanzieller Zwänge zurückziehen, springen oft Family Offices ein, die sich auf lange Anlagehorizonte und internes Fachwissen stützen können.

Zwei Anlagephilosophien

Im Family-Office-Sektor lassen sich zwei unterschiedliche Anlagephilosophien beobachten. Die erste umfasst traditionelle Häuser, deren Vermögen über Generationen hinweg aufgebaut wurde. Ihre Priorität ist die Kapitalerhaltung, und Immobilien dienen ihnen in erster Linie als stabile, risikoarme Säule. Laut Kingstone akzeptieren solche Anleger Mietrenditen von bis zu 4,5 Prozent.

Die zweite Gruppe umfasst jüngere Family Offices mit Hintergrund in den Bereichen Technologie, Private Equity oder Finanzdienstleistungen. Für sie spielt Immobilien eine aktivere, renditeorientierte Rolle. Rund 28 Prozent streben Renditen von über 6 Prozent an und verfolgen Wertsteigerungsstrategien, Entwicklungsprojekte oder internationale Co-Investments. Bei beiden Ansätzen werden Immobilien als langfristige Vermögenswerte betrachtet, die durch Verdichtung, Sanierung und selektive Akquisitionen aktiv verwaltet werden. Der Unterschied liegt eher in der Risikobereitschaft als in der Bedeutung der Anlageklasse.

Auswirkungen auf den Schweizer Markt

Insgesamt zeichnen die Daten ein einheitliches Bild. Die Leerstandsquote in der Schweiz liegt weiterhin deutlich unter dem Gleichgewicht, und die Zahl der leerstehenden Wohnungen ist seit 2020 stark zurückgegangen. Die Mieten steigen weiter, insbesondere in städtischen Zentren und Tourismusregionen. Professionelle Investoren betrachten das Land als sehr attraktiv, und die Preise für hochwertige Wohn- und Renditeobjekte steigen leicht an. Die Kombination aus struktureller Knappheit, stabiler Nachfrage, wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit und politischer Stabilität schafft ein Umfeld, in dem Immobilien die Rolle spielen können, die sie in vielen Familienportfolios einnehmen: ein stabiler, vorhersehbarer und generationenübergreifender Anker des Vermögens.

Referenzen (APA, übersetzt)

  • Statistisches Bundesamt. (2024). Leerstehende Wohnungen in der Schweiz per 1. Juni 2024. https://www.bfs.admin.ch
  • Bundesrat. (2025). Bericht: Mietpreisentwicklung und Wohnungsmangel in der Schweiz. https://www.admin.ch
  • EY. (2025). Immobilien-Trendbarometer Schweiz 2025. https://www.ey.com
  • Goldman Sachs. (2023). Einblicke in Family-Office-Investitionen 2023. https://www.goldmansachs.com
  • Julius Bär. (2025). Immobilienmarktbericht Schweiz Q2 2025. https://www.juliusbaer.com
  • Kingstone Real Estate. (2025). Family Office Immobilienbericht 2025.
  • PwC Schweiz. (2025). Immospektive: Quartalsbericht Q3 2025. https://www.pwc.ch
  • UBS. (2025). Alpine Immobilien im Fokus 2025. https://www.ubs.com
  • Wüest Partner. (2024). Immo-Monitoring Schweiz: Miet- und Leerstandsentwicklung im 2. Quartal 2024. https://www.wuestpartner.com
  • Zermatt Tourismus & Gemeinde Zermatt. (2024–2025). Berichte über die Wohnverhältnisse von Saisonarbeitern und Einwohnern.
  • Gemeinde Davos. (2024). Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt und im Zweitwohnungssektor in Davos.
  • Deutsche Immobilien Zeitung. (2024). Berichte über den Erwerb des Münchner Komplexes Fünf Höfe durch Athos (Strüngmann).

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